Feb 262016
 

DSC01751 (640x480)Von Daniel Schalz

Der zweite Tag von Chor@Berlin 2016 widmete sich in zwei Workshops Themen, die in der Laienchorszene leider immer noch häufig stiefmütterlich behandelt werden: Fundraising und Öffentlichkeitsarbeit. Während Bettina Charlotte Hoffmann (Foto), Fundraiserin bei “Brot für die Welt”, über erstes referierte, sprach der Autor dieses Blogbeitrags in seinem Workshop über die Bedeutung guter Öffentlichkeitsarbeit. Als Fazit stand am Ende des Tages, dass es auf beiden Feldern noch jede Menge Nachholbedarf in der Laienchorszene gibt – aber auch enormes, bislang ungenutztes Potenzial. Packen wir es also an!

DSC01748 (640x480)Bettina Charlotte Hoffmann, die selbst schon in verschiedenen Chören gesungen hat, arbeitet als Fundraiserin bei  “Brot für die Welt” und der Diakonie-Katastrophenhilfe, außerdem ist sie selbstständig mit der eigene Firma “Gute Gaben” unterwegs. An den Anfang ihres Vortrags stellte sie die Definition von Fundraising: Dieses beinhalte Fundraising Beschaffung aller Mittel und Ressourcen, die von einer gemeinnützigen Organisation für die Erfüllung ihres Satzungszwecks benötigt werden – also sehr viel mehr, als man gemeinhin so denkt. Es geht vor allem um mehr als nur um Geld. Sehr wichtig sei es zum Beispiel, so Hoffmann, Fürsprecher zu finden, ein Netzwerk an Freunden und Unterstützern aufzubauen, die durch ihr Know-how oder ihre Kontakte dem Chor auf verschiedensten Ebenen helfen können: Blumen für Solisten besorgen, Probenräume organisieren, unentgeltlich Programmhefte kopieren, die Chor-Homepage programmieren oder, oder, oder…

DSC01749 (640x480)Wenn es um Geldspenden geht, habe Fundraising grundsätzlich sehr viel mit Beziehungsarbeit und Dialog zu tun. Denn wenn die Spende beim Chor angekommen ist, sollte die Beziehung zu den Spendern nicht vorbei sein, eher im Gegenteil: eine erstmalige Spende sollte vielmehr der Anfang einer langfristigen Bindung interessierter Menschen an den Chor sein. Die wichtigste Zielgruppe sind dabei diejenigen, die den Chor sowieso schon gut finden – zum Beispiel Konzertpublikum. Ein Ziel sollte es sein, Menschen als Dauerspender zu gewinnen, denn das gewährleistet langfristige Arbeit. Entscheidende Merkmale seien dabei (im Gegensatz zur Öffentlichkeitsarbeit, die sich an eine allgemeinere Zielgruppe wendet) die direkte, persönliche und emotionale Ansprache – immer nach dem Motto “Der Kopf denkt, das Herz lenkt”. Und ganz wichtig: “Begeistern statt Betteln!”

DSC01787 (480x640)Auch den Praxisworkshop “Presse- und Öffentlichkeitsarbeit im Chor” begann der Autor dieses Beitrags zunächst mit einer Begriffsklärung, denn allzu häufig gehen die Ansichten darüber, was eigentlich unter “Öffentlichkeitsarbeit”, “Marketing” oder “Pressearbeit” zu verstehen ist, munter durcheinander. Während Öffentlichkeitsarbeit auf eine langfristige Wirkung abzielt und eher ein bestimmtes Image des Chores in der Öffentlichkeit etablieren soll, versucht Marketing (z. B. durch Plakate, Zeitungsanzeigen oder Radiospots) kurzfristig Konsumenten für ein genau definiertes Produkt anzusprechen – in unserem Fall Besucher für ein Konzert.

Pressearbeit schließlich ist ein Unterbereich der Öffentlichkeitsarbeit, meint den direkten Kontakt zu Journalisten und Redaktionen und ist – im Gegensatz zur strategisch ausgerichteten und diverse Instrumente (Homepage, Social Media, Plakate/Flyer/Postkarten, Newsletter, Zeitungsanzeigen) beinhaltenden Öffentlichkeitsarbeit und erst recht zum Marketing – auch mit sehr kleinen finanziellen Ressourcen möglich. Ein guter Grund für Laienchöre, sich bei knappen zeitlichen Kapazitäten auf die Pressearbeit zu konzentrieren.

DSC01806 (640x480)Das einzige, was sich Chöre allerdings auf jeden Fall auch ein bisschen was kosten lassen sollten, ist ein eigener Internetauftritt. Denn der gehört zum Pflichtprogramm, wenn man wahr- und ernstgenommen werden möchte. Darüber hinaus beschäftigte sich der Workshop auf zwei weitere essenzielle Bausteine der Öffentlichkeitsarbeit: die Pressemitteilung und Fotos. Denn mit guten Texten und Bildern lässt sich bei Journalisten schon eine Menge erreichen. Leider nur sind genau dies die Felder, auf denen der Großteil der Chöre nicht gut aufgestellt sind: Pressetexte sind oft schlecht strukturiert, zu lang oder schaffen es nicht, die eigentlich Kernbotschaft zu vermitteln. Und auch wirklich gute Fotos, die bei Zeitungen und Magazinen häufig den Ausschlag für eine Veröffentlichung geben, sind in der Chorszene noch Mangelware.

DSC01802 (640x480)Vor allem aber ist wichtig, und das betrifft Fundraising genauso wie Marketing und Öffentlichkeitsarbeit: Jeder Chor braucht eine Vision, ein Profil, eine Idee davon, wohin man will. Denn ohne ein spannendes Angebot, wird man weder neue Sänger, noch Spender noch Journalisten begeistern können. Oder neudeutsch: Content is king! Und das heißt auch, dass Öffentlichkeitsarbeit und Fundraising lange beginnen, bevor die künstlerische Programmplanung abgeschlossen ist. Wer für diese Bereiche verantwortlich ist, sollte von Anfang an in sämtliche Planungen miteinbezogen werden, schließlich ist es hier wie beim gemeinsamen Singen im Chor: Ohne Teamwork geht es nicht!